Esther Olsen-Velde, Michael Olsen
Vorsicht! Kunst?
Installation zum Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November und des Datums des 9. November in der Geschichte Deutschlands
HDF, Schalholz, Texttafeln
320 x 220 x 110 cm, 9. November 2008
Texte auf den Tafeln
9. November 1848
Niederschlagung der demokratisch-bürgerlichen Revolution durch standrechtliche Hinrichtung des republikanischen Parlamentsabgeordneten Robert Blum
9. November 1911
August Bebel, Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei hält im Deutschen Reichstag eine prophetische Rede und sieht die Gefahr eines Krieges (den 1. Weltkrieg):„Dann kommt die Katastrophe. Alsdann wird in Europa der große Generalmarsch geschlagen, auf den hin 16 bis 18 Millionen Männer, die Männerblüte der verschiedenen Nationen, ausgerüstet mit den besten Mordwerkzeugen gegeneinander als Feinde ins Feld rücken. Aber nach meiner Überzeugung steht hinter dem großen Generalmarsch der große Kladderadatsch. Hinter diesem Kriege steht der Massenbankrott, steht das Massenelend, steht die Massenarbeitslosigkeit, die große Hungersnot. (...). Ihr seid gewarnt.“
9. November 1913
Die von 2000 Teilnehmern besuchte eintägige Hauptversammlung des Verbandes deutscher Juden in Hamburg weist auf die Mißachtung von verfassungsmäßigen Grundsätzen bei der Behandlung von Juden im Deutschen Reich hin und fordert angesichts des wachsenden Rassismus die Gleichberechtigung aller Staatsbürger.
9. November 1913
Auf dem Fort Spitzberg (Festung Silberberg) bei Breslau (heute Wroclaw) wird ein vom deutschen Kaiser Wilhelm II. gestiftetes Erholungsheim für die paramilitärische, halbstaatliche Jugendorganisation Jungdeutschlandbund feierlich eingeweiht.
9. November 1918
In Berlin wird vom Reichstag aus die deutsche Republik durch den Sozialdemokraten Philipp Scheidemann proklamiert.
9. November 1918
Karl Liebknecht ruft in Berlin vor dem königlichen Schloss die Räterepublik aus.
9. November 1918
Wilhelm II. erklärt seine Abdankung als deutscher Kaiser, nicht aber als König von Preußen.
9. November 1923
„Marsches auf die Feldherrnhalle“ (Hitler-Putsch)
9. November 1923
Als Reaktion auf den Hitlerputsch (8./9. 11.) verfügt der bayrische Generalstaatskommissar Gustav Ritter von Kahr die sofortige Auflösung und das Verbot der NSDAP und der rechtsradikalen Verbände Oberland und Reichsflagge. Am 11. 9. November wird diese Maßnahme auf die KPD Bayerns ausgedehnt. Auch werden alle sozialdemokratischen und kommunistischen Zeitungen und Zeitschriften verboten.
9. November 1923
Der französische Botschafter François Marie Pierre de Margerie wird bei Reichskanzler Gustav Stresemann vorstellig, um die Beunruhigung seiner Regierung wegen des Hitlerputsches (8./9. 11.) und der Gefahr einer Rechtsdiktatur im Deutschen Reich zum Ausdruck zu bringen.
9. November 1925
Gründung der Terrororganisation „SS“ (Schutzstaffel), Eliteorganiation der NSDAP. Wurde als Parteipolizei gegründet. 1929 übernahm Heinrich Himmler die Führung der 280 Mann starken Truppe und schuf aus ihr einen Männerorden mit schwarzen Uniformen, Totenkopf-Symbolik und strengen Auslesekriterien. Die SS wurde die wichtigste Staatsschutztruppe der Nazis, ihr Name ist untrennbar verbunden mit den schlimmsten Verbrechen der Faschisten. Das Motto H. Himmlers „Ich habe nicht Gerechtigkeit zu üben, sondern zu vernichten und auszurotten“ (4. März 33), wurde von der SS in den zwölf Jahren Terrorherrschaft rücksichtslos umgesetzt.
9. November 1930
Bei den Gemeindewahlen in Oldenburg wird die NSDAP stärkste Partei. Sie kann die Zahl ihrer Mandate im Stadtparlament von einem auf 18 Sitze erhöhen.
9. November 1938
Bei der von SA-Männern organisierten „Reichskristallnacht“ kamen über tausend Juden ums Leben.
8. November auf 9. November 1939
Ein durch Georg Elser im Münchner Bürgerbräukeller herbeigeführtes Bombenattentat auf Adolf Hitler schlägt fehl. Georg Elser: „Ich wollte den Krieg verhindern.“
9. November 1939
Im Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar werden nach Eintreffen der Nachricht vom Attentat auf Führer und Reichskanzler Adolf Hitler 21 österreichische und deutsche Juden erschossen.
9. November 1949
In der DDR erhalten ehemalige Mitglieder der NSDAP, sofern sie nicht als Aktivisten eingestuft oder wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurden, sowie ehemalige Offiziere der deutschen Reichswehr wieder alle bürgerlichen Rechte.
9. November 1967
Abgeschirmt durch ein Riesenaufgebot von Polizei beginnt in Bonn das erste „Hearing“ über die Fragen zur Notstandsgesetzgebung.Auf einem Transparent steht die Aufschrift: „Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren“. Die Studenten protestierten damit gegen die in ihren Augen ausgebliebene Aufarbeitung der Verbrechen des sogenannten „Dritten Reiches“ in der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft sowie gegen elitäre Strukturen und überholte fragwürdige Traditionslinien der Universitätspolitik. Gefordert wurden deren Demokratisierung und die Mitbestimmung der Studentenschaft.
9. November 1974
In der Justizvollzugsanstalt Wittlich stirbt das mutmaßliche „RAF“-Mitglied Holger Meins an den Folgen eines Hungerstreiks.
9. November 1974
In Mülheim an der Ruhr wird die „Deutsche Soziale Union“ als Bundespartei gegründet. Der stellvertretende Vorsitzende Helmut Kasper erklärt, die Partei wolle „für eine neue nationale Zuverlässigkeit unzerbrechlich hinter dem bewunderten ... und anerkannten Dr. Franz Josef Strauß stehen“.
9. November 1983
Die katholischen Bischöfe Frankreichs billigen bei ihrer Vollversammlung in Lourdes die nukleare Abschreckung als Mittel zur Kriegsverhinderung.
9. November 1989
Die DDR öffnet die Grenzen zur Bundesrepublik Deutschland und nach West-Berlin.
9. November 1990
Bundeskanzler Helmut Kohl und der sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow unterzeichnen in Bonn den „Vertrag über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit“. Sie vereinbaren eine enge politische und wirtschaftliche Kooperation zwischen beiden Staaten.
9. November 1998
Berlin: Auf der zentralen Veranstaltung zum 60. Jahrestages der Pogrome gegen die Juden in Deutschland am 9. November 1938 bezeichnet Bundespräsident Roman Herzog die Pogrome als einen der schlimmsten und beschämendsten Momente der deutschen Geschichte.
9. November 1999
In Anwesenheit von George Bush und Michail Gorbatschow begeht der Deutsche Bundestag den zehnten Jahrestag des Mauerfalls.
9. November 2001
Dresden: 63 Jahre nach der Zerstörung des alten jüdischen Gotteshauses wird eine neue Synagoge geweiht.
9. November 2003
Im Beisein von Bundespräsident Johannes Rau erfolgt die Grundsteinlegung für die neue Münchner Synagoge und das jüdische Zentrum.
9. November 2004
In ganz Deutschland wird der Öffnung der Berliner Mauer im Jahr 1989 gedacht, die am 9. November 1989 das rasche Ende der DDR eingeleitet hatte.
9. November 2006
68 Jahre nach ihrer Zerstörung wird in München die neue Hauptsynagoge feierlich eröffnet.
9. November 2008
Gedenken an die Reichspogromnacht: Zum 70. Jahrestag der Pogromnacht vom 9. November 1938 warnt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf der zentralen Gedenkveranstaltung in der Berliner Synagoge Rykestraße vor Gleichgültigkeit gegenüber Rassismus und Antisemitismus. Deutschland brauche ein Klima, welches Zivilcourage fördere.
9. November
Feiertag oder Gedenktag?